In Deutschland könnten auf so vielen Flächen Agri-Photovoltaik-(PV)-Anlagen errichtet werden, dass die Solarenergieausbauziele zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2045 damit deutlich übertroffen werden könnten.
Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE, die in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift „Renewable and Sustainable Energy Reviews“ veröffentlicht worden ist. In der Analyse wurde auf Basis von Flächendaten aus Geografischen Informationssystemen ermittelt, welche landwirtschaftlichen Flächen hierzulande besonders geeignet sind für diese Art der Stromerzeugung. Agri-PV ist die Kombination von landwirtschaftlicher Nutzung mit Solarstromerzeugung auf einer Fläche.
Die landwirtschaftliche Gesamtfläche Deutschlands von rund 18 Mio ha entspricht den Berechnungen zufolge einer technisch installierbaren Leistung von 8.570 GigawattPeak (GWp). Die Forscher haben daraufhin zwei Szenarien betrachtet. Wenn lediglich die Flächen rausgerechnet werden, die wegen „harter“ Restriktionen wie Naturschutzgebietenwegfallen, dem Szenario 1, könnten alle geeigneten Flächen zusammen bis zu rund 7.900 GWp liefern. Schließt man Flächen nach solchen harten sowie zusätzlich nach weiteren Restriktionen durch Verordnungen zum Landschaftsschutz wie etwa Flora-Fauna-HAbitat(FFH) Schutzgebiete aus, dem Szenario 2, sind es der Auswertung zufolge etwa 5.600 GWp installierbare PV-Kapazität.
In einem zweiten Schritt haben die Wissenschaftler Standorte identifiziert, die sie nachbestimmten Kriterien als besonders geeignet für Agri-PV erachten. Die finden sich aufgrund hoher Anteile an Dauerkulturen bevorzugt rund um den Bodensee, im Westen von Baden-Württemberg, im südlichen Rheinland-Pfalz sowie im Alten Land südlich von Hamburg. „Das Ergebnis des Standortauswahlprozesses in Szenario 1 zeigt, dass 9,42% der potenziellen Flächen als besonders geeignet eingestuft werden, was einer installierbaren Leistung von 788 GWp entspricht“, heißt es in der Studie.
In Szenario 2 reduziert sich die als besonders geeignet eingestufte Fläche auf 1,15 Mio ha, wo 500 GWp installiert werden könnten. Das allein würde schon ausreichen, umdie deutschen Solarziele überzuerfüllen. Die Bundesregierung hat sich bekanntlich im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) für dasJahr 2030 eine Steigerung der installierten Leistung von Solaranlagen auf 215 Gigawattzum Ziel gesetzt; bis 2040 sollen es 400 Gigawatt sein. Das hier ermittelte Flächenpotenzial übersteigt dies in allen Szenarien - teils um ein Vielfaches. „Die Nutzung von Agri-PVhat daher das Potenzial, einen signifikanten Beitrag zu den deutschen Klimazielen zuleisten“, resümieren die beteiligten Wissenschaftler.
Bayern führt das Länderranking an
Wenig überraschend ist laut der ISE-Analyse Bayern Spitzenreiter unter den Bundesländern, was das Potenzial für Agri-PV angeht. Der Freistaat kommt auf eine potenziell installierbare Leistung von 1.457 GWp im ersten und 1.129 im zweiten Szenario, was 3,1 Mio bzw. rund 2,4 Mio ha entspricht.
Alle Arten landwirtschaftlicher Flächen betrachtet
„Es ist die erste Studie in Deutschland, die für die Identifikation geeigneter Standorte alle Arten landwirtschaftlicher Flächen betrachtet, also Dauergrünland, Ackerfläche und Dauerkulturen wie Obstbau, Wein oder Beeren“, erläutert Studienautorin Salome Hauger ergänzend. Die Studie verwendete zwei unterschiedliche Kriterienkataloge, einer beinhaltete geografische Faktoren sowie rechtliche und behördliche Anforderungen und erfasste das regulatorische und technisch mögliche Potenzial.
Der andere umfasste politisch-wirtschaftliche und agrarökonomische Eignungskriterien, um besonders geeignete Standorte zu finden. Dabei führten Experten aus Landwirtschaft, Wissenschaft, von Verteilnetzbetreibern und Projektierungsbüros eine Gewichtung der Kriterien durch. Anschließend wurde daraus ein Bodeneignungsindex berechnet, um die Gebiete in fünf Eignungsklassen einzuordnen, von am besten bis am wenigsten geeignet. AgE