In den vergangenen zehn Jahren haben sich Avocados zu einem Modeprodukt entwickelt, das auf den Weltmärkten zunehmend gefragt ist. Doch der Boom verändert das Leben der bäuerlichen Gemeinschaften und auch das Land, von dem sie abhängen. Dies wird in einer neuen Doktorandenstudie der Universität Göteborg aufgezeigt.
Juanita Esguerra Rezk, Doktorin in Friedens- und Entwicklungsforschung, hat die Auswirkungen des Avocado-Booms auf die Menschen in der kleinen Stadt Cajamarca in den kolumbianischen Anden untersucht. Hier wird die Avocado sowohl von Kleinbauern auf ihren Höfen als auch von landlosen Arbeitern in großen Plantagen angebaut. Die Kleinbauern, die vor etwa zehn Jahren mit dem Anbau und Export von Avocados begonnen haben, konnten ihre Lebensbedingungen deutlich verbessern. „Sie erzählen von einem Wandel ‚vom Tellerwäscher zum Millionär‘, bei dem sie ihre Schulden abbezahlen, mehr Land kaufen, neue Transportmittel erwerben und die Ausbildung ihrer Kinder in den Städten bezahlen konnten“, sagt Juanita Esguerra Rezk.
Für die überwiegende Mehrheit der landlosen Bauern habe der Avocado-Boom jedoch keine positiven Veränderungen mit sich gebracht. Sie haben nur für kürzere Zeit Zugang zu Land und können keine eigenen Avocados anbauen, da diese Pflanzen bis zu vier Jahre brauchen, um ihre erste Ernte zu bringen. Die landlosen Bauern arbeiten daher für große Avocado-Plantagen, die in der Region angelegt wurden.
Die Arbeiter müssten schwere körperliche Arbeit verrichten und würden ausgebeutet, vor allem beim Aufbau der Plantagen, wenn sie von Drittfirmen angeheuert werden, um die Löcher für die Pflanzung der Bäume auszuheben, so die Studie. „Dies ist die anspruchsvollste Arbeit des gesamten Erntezyklus, aber die Frauen, die ich interviewt habe, verdienten weniger als den durchschnittlichen Tageslohn“, sagt Juanita Esguerra Rezk. Sie führte acht Monate lang Feldforschung in Kolumbien durch, wo sie in das tägliche Leben eintauchte und mit Bauern und Plantagenarbeitern zusammenarbeitete. Außerdem führte sie Interviews mit Kleinbauern, Landwirtschaftsexperten und Vertretern der Industrie.
Die Vorstellung, dass Frauen weniger in der Lage seien, schwere körperliche Arbeit zu verrichten, habe dazu geführt, dass einige der Frauen mit leichteren und administrativen Arbeiten auf den etablierten Plantagen betraut wurden. Dadurch hätten einige landlose Bäuerinnen Aufsichtspositionen übernehmen können. Diese Frauen erzielen ein höheres Einkommen als die meisten landlosen Männer.
Umweltauswirkungen der Plantagen bedrohen Zukunft der Bauern
Große Unterschiede zwischen den kleinbäuerlichen Betrieben und den Plantagen gebe es auch, was die Auswirkungen auf das Land betrifft. „Wegen der Umweltauswirkungen haben viele der Bauern die Avocado-Plantagen als Bedrohung für die Möglichkeit, in Zukunft Landwirtschaft zu betreiben, und für ihre eigene Existenz als Bauern dargestellt“, sagt Juanita Esguerra Rezk. Die Anlage von Avocado-Plantagen hat in die Moorgebiete eingegriffen, Wachspalmenwälder abgeholzt und Wasserquellen illegal genutzt. „Diese Probleme werden immer besorgniserregender, da die Bauern mit den durch den Klimawandel verursachten Schwankungen konfrontiert sind und sich zunehmend Sorgen um die Zukunft der kleinbäuerlichen Landwirtschaft in der Gemeinde machen“, so Rezk.
Im März 2024 erließ die Umweltbehörde der Region, CORTOLIMA (Corporación Autónoma Regional del Tolima), Sanktionen gegen den internationalen Avocado-Lieferanten Green Super Food (GSF) wegen solcher Umweltverstöße. Unterdessen würden die Kleinbauern die Avocado im Allgemeinen als eine „gute Kultur“ mit geringeren Umweltauswirkungen als andere Kulturen betrachten. “Um Produkte für den Export anbauen zu können, müssen sie verschiedene Zertifizierungen erhalten, wie z.B. GLOBALG.A.P. Nach Angaben der Kleinbauern hat dies dazu geführt, dass sie weniger schwere Pflanzenschutzmittel einsetzen, bessere Schutzausrüstungen verwenden und die Erhaltung der Wälder und die Bienenzucht in ihre landwirtschaftlichen Praktiken einbeziehen”, so Juanita Esguerra Rezk abschließend.