Nach welchen Kriterien entscheiden Verbraucher, welche Lebensmittel in ihrem Einkaufswagen landen? Kaufen sie das Produkt, das am günstigsten ist? Die gesündeste Variante? Oder achten sie darauf, was dem Klima am wenigsten schadet?
Eine aktuelle Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC liefert eine klare Antwort: Beim Lebensmitteleinkauf schauen 61 % der Menschen in Deutschland vorrangig auf den Preis. Aber auch Sorgen um die Gesundheit spielen eine Rolle: Jeder Zweite mache sich Gedanken über den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in Lebensmitteln. Klimafragen beschäftigen ebenfalls drei von vier Konsumenten. Einen Aufpreis für nachhaltige Produkte würde jedoch nur eine Minderheit zahlen. Zu diesen Ergebnissen kommt die Studie „Voice of the Consumer Survey 2025“, für die PwC mehr als 20.000 Menschen in 31 Ländern befragt hat, darunter 2.000 Konsumenten aus Deutschland.
Verbraucher schauen zuerst auf den Preis
Die hohen Lebenshaltungskosten machen der Mehrheit der deutschen Konsument:innen (58 %) große Sorgen. Dazu kommen die aktuelle wirtschaftliche Instabilität und geopolitische Konflikte, die 53 % bzw. 43 % der Menschen Kopfzerbrechen bereiten. Diese Unsicherheiten spiegeln sich auch im Kaufverhalten wider: Im Supermarkt achten die Menschen vorrangig auf die Preise (61 %). Um Kosten zu sparen, setzen sie auf Coupons und Sonderangebote (59 %) oder wechseln gezielt zu Discountern und Eigenmarken (57 %). Dr. Christian Wulff, Leiter Consumer Markets bei PwC Deutschland und EMEA, ordnet ein: „Unsere Umfrage zeigt, dass die Hälfte der Menschen in Deutschland am Ende des Monats nur wenig Geld übrig hat zum Sparen, für Urlaube oder größere Anschaffungen. Vor diesem Hintergrund agiert die Mehrheit beim Einkaufen von Lebensmitteln äußerst preisbewusst.“
Jeder Zweite fürchtet gesundheitliche Folgen von Pflanzenschutzmitteln
Aber nicht nur der Preis spiele beim Einkauf eine Rolle, sondern auch Sorgen um die eigene Gesundheit: So machen sich 48% der deutschen Konsumenten Gedanken über den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. 43 % fürchten die gesundheitlichen Risiken stark verarbeiteter Lebensmittel. Einen weiteren Anhaltspunkt bieten die Nährwertangaben, die vor allem von den 18- bis 27-Jährigen der Gen Z häufig geprüft werden (24 %).
Die Überlegungen zur Gesundheit fließen durchaus in die Kaufentscheidungen der Menschen ein: 30 % wollen in den kommenden Monaten weniger Snacks einkaufen; 25 % geben an, dass sie frisches rotes Fleisch reduzieren wollen; 25 % nehmen sich vor, seltener Fertiggerichte zu konsumieren. Letztere seien vor allem bei der Gen Z beliebt: 44 % dieser Gruppe greifen wöchentlich zu den schnellen Mahlzeiten - über alle Altersgruppen hinweg seien es 28 %.
Bei der Förderung einer gesunden Ernährung sehen die Konsument:innen sowohl die Lebensmittelhersteller (64 Prozent) als auch sich selbst in der Verantwortung (63 Prozent). In der Gen Z nimmt gut ein Viertel der Befragten auch Medien und Influencer in die Pflicht, um Anreize für eine gesunde Ernährung zu schaffen.
Bewusstsein für Nachhaltigkeit ist da – extra kosten soll es aber nicht
Auch das Thema Nachhaltigkeit beeinflusst die Kaufentscheidungen der Menschen. So geben drei Viertel (75 Prozent) der deutschen Bevölkerung an, dass sie sich Sorgen über den Klimawandel machen. Um ihre eigenen Auswirkungen auf das Klima zu minimieren, achten sie darauf, nur die Lebensmittel zu einzukaufen, die sie wirklich benötigen (63 Prozent). 53 Prozent geben an, dass sie Lebensmittelabfälle bewusst reduzieren und versuchen, saisonale Lebensmittel zu essen.
„Preisbewusstsein und der Wunsch, sich gesund und klimafreundlich zu ernähren, schließen sich nicht aus: Wer möglichst wenig Lebensmittel verschwendet sowie regionale und saisonale Produkte kauft, tut nicht nur etwas Gutes für das Klima und die Gesundheit, sondern schont auch den Geldbeutel“, sagt Emanuel Chibesakunda, Partner im Bereich Nachhaltigkeitsberatung bei PwC Deutschland.
Einen Nachhaltigkeitsaufpreis würde allerdings nur eine Minderheit zahlen: Nur knapp ein Drittel (31 Prozent) der Befragten ist bereit, mehr für nachhaltige Produkte auszugeben. Bei den Jüngeren sind es etwas mehr: Innerhalb der Gen Z würden 39 Prozent höhere Preise für Lebensmittel zahlen, die Umweltschutz fördern und die Bodenqualität verbessern; bei den Älteren ab 60 Jahren sind es nur 24 Prozent.
Das Interesse am Thema Nachhaltigkeit ist in allen Altersgruppen weit verbreitet: Rund 75 Prozent der Konsument:innen informieren sich zumindest gelegentlich über Nachhaltigkeitsinitiativen von Lebensmittelunternehmen. Dabei nutzen sie hauptsächlich traditionelle Medien (52 Prozent) und soziale Netzwerke (42 Prozent) als Informationsquelle. PwC-Nachhaltigkeitsexperte Emanuel Chibesakunda rät Händlern und Herstellern, „das Thema Nachhaltigkeit pragmatisch und alltagsrelevant zu vermitteln, ohne dabei den moralischen Zeigefinger zu erheben.“
Regionalität spielt beim Einkauf wichtige Rolle
Für ein Drittel der Konsument:innen spielt Regionalität beim Kauf von Lebensmitteln eine Rolle. Konsument:innen, die angeben lokal einzukaufen, möchten dabei die Hersteller und Händler aus der Region unterstützen (53 Prozent) und einen Beitrag zur Wirtschaft vor Ort leisten (48 Prozent). Wer keine lokal hergestellten Produkte kauft, ist häufig (60 Prozent) der Meinung, dass diese teurer sind als andere Waren.
„Die Lebensmittelpreise werden nicht zuletzt aufgrund des Klimawandels weiter steigen. Um diesen Trend zu stoppen, braucht es Innovationen in der Landwirtschaft. In den Städten bieten Konzepte wie Vertical Farming großes Potenzial, um auch außerhalb von landwirtschaftlichen Flächen vor Ort Lebensmittel anzubauen“, sagt Emanuel Chibesakunda.
Kernzielgruppen definieren, Preisgestaltung neu denken
Herstellern und Händlern empfiehlt Christian Wulff mit Blick auf das Spannungsfeld zwischen Preis, Gesundheit und Nachhaltigkeit, ihre Preisgestaltung neu zu denken und differenzierte Preismodelle zu etablieren. „Für Lebensmittelhersteller und Händler ist es sinnvoll, ihre Kernzielgruppen zu definieren und gezielte Angebote für deren spezifische Bedürfnisse zu schaffen – etwa für preisorientierte, für gesundheitsbewusste und für nachhaltige orientierte Menschen.“