Die Herkunft von Lebensmitteln ist in Frankreich von großer Bedeutung. Umso größere Bedeutung hat dann ein Fall, wo diese Herkunft fälschlicherweise als französisch deklariert wird. Ende Juni 2025 wurde ein Großhändler aus dem Département Dordogne zu einem Jahr Haft auf Bewährung und 50.000 Euro Geldstrafe verurteilt.
Wie Claire Tillier für Réussir.fr berichtet, hatte der Betrieb Fruits rouges du Périgord über 400 Tonnen Früchte zwischen 2020 und 2021 als französisch ausgegeben, obwohl sie unter anderem aus Portugal, Marokko oder Guatemala stammten. Betroffen waren v. a. Beeren, aber auch Kiwis und Kastanien. Erste Untersuchungen fanden 2022 statt, 2023 wurde der Betrieb aufgelöst.
Erneut 10.000 Kontrollen in 2025 angesetzt
2025 wird die französische Wettbewerbs- und Verbraucherschutzbehörde DGCCRF 10.000 Kontrollen durchführen, um die Herkunft von Produkten zu verifizieren, kündigte die französische Landwirtschaftsministerin Annie Genevard im Mai an. Die Herkunftslüge schade direkt der französischen Ernährungssouveränität, so die Begründung für die Fortsetzung der bereits 2024 erfolgten umfangreichen Kontrollen. Das Fazit im Vorjahr: 1.800 Verwarnungen, 560 Bußgelder. Rund 30 % Unregelmäßigkeiten habe man festgestellt, auch schwere Vergehen waren dabei: Im Sommer 2024 wurde ein Großhändler aus dem Département Loir-et-Cher zu einer Geldstrafe von 100.000 Euro verurteilt, der Beeren aus Spanien oder Marokko als “Herkunft: Frankreich” verkauft hatte, berichtet réussir.
Kiwis: Herkunft “Frankreich” wissenschaftlich abgrenzbar
Bei bestimmten Produkten kann inzwischen sogar wissenschaftlich gegen falsch deklarierte Waren vorgegangen werden, wie Emmanuelle Pellé für das Fachportal végétable.fr berichtet: Mit der Datenbank “Origine France” will die interprofessionelle Kiwi-Branchenvereinigung (BIK) durch Isotopenanalysen und Magnetresonanzspektroskopie gegen falsch deklarierte Produkte vorgehen. Nach dreijähriger Aufbauarbeit seien die Testergebnisse inzwischen sehr zuverlässig, im Kampf gegen die Falschkennzeichnung von Obst sieht sich die französische Kiwi-Branche auf gutem Weg, wie die Organisation als Zwischenbilanz im Juni 2024 präsentierte. Das Verfahren kombiniert Isotopenanalysen mit Kernspinresonanz (résonance magnétique nucléaire) und könne mit 99 % Wahrscheinlichkeit die Herkunft Frankreich identifizieren, bei ausländischen Proben lag die Trefferquote immerhin bei 72 %, wie Freddy Thomas (R&D Eurofins) aufzeigte. 2024 soll die Kiwi-Datenbasis weiter ausgebaut werden – insbesondere durch die Einbeziehung zusätzlicher Importproben. Ziel ist es laut BIK, die Herkunft „Frankreich“ wissenschaftlich abgrenzbar zu machen und so besser vor betrügerischer Umdeklarierung, der sog. “Francisation”, zu schützen. Die Methode gilt nun als ausreichend stabil, um mittelfristig zur Kontrolle und Absicherung der französischen Kiwi-Herkunft beitragen zu können, resümiert Pellé.
Drastische Preisunterschiede und andere Auffälligkeiten
Bei französischem Spargel ist diese Art der Herkunftsanalyse bisher noch kein Thema. “Die Investitionen sind erheblich“, kommentierte die Direktorin der Branchenorganisation AOPn Asperges de France, Astrid Étèvenaux, gegenüber Julia Commandeur (Réussir.fr), man müsse sich bislang auf Marktbeobachtung und Auffälligkeiten in Preis und Verpackung verlassen. Mitte Mai habe die Vereinigung “wiederholte Verdachtsfälle“ bei weißem Spargel gemeldet, vor allem auf Wochenmärkten und im Einzelhandel außerhalb der großen Ketten. Die Preisunterschiede seien drastisch, erklärte Étèvenaux: Während französische Ware bei etwa 6 €/kg lag, wurde Importware mitunter für 1,50 €/kg gehandelt – teils sogar in Verpackungen, die typisch für ausländische Herkunft sind.
UNCGFL: Kein Generalverdacht für Großhändler!
Der französische Verband der Obst- und Gemüse-Großhändler UNCGFL (Union Nationale du Commerce de Gros en Fruits et Légumes) hat indes auf die Berichterstattung anlässlich der Verurteilung des Großhändlers aus dem Département Dordogne reagiert und sich “deutlich von dem Vorfall distanziert”, bei dem es sich um einen Einzelfall handele. Der Verband kritisiert, dass in einigen Medien direkt der gesamte Berufsstand unter Generalverdacht stünde, was dem Ruf der Branche schade. Der interprofessionelle Dachverband Interfel, dem der UNCGFL angehört, habe die festgestellten Arbeitsweisen ebenfalls klar verurteilt und trete in solchen Fällen regelmäßig als Nebenklägerin auf, teilt der UNCGFL weiter mit. Abschließend heißt es: “Großhändler spielen eine Schlüsselrolle in der Lebensmittelkette. Als regional verankerte, kundennahe Akteure versorgen die Großhändler jeden Tag Tausende von Fachleuten - lokale Geschäfte, Märkte, Kantinen, Krankenhäuser, Restaurants usw. - mit frischem, gesundem und frischem Obst und Gemüse. Hunderte von engagierten Unternehmen tragen dazu bei, die Erwartungen von Millionen von Verbrauchern zu erfüllen.”