„Haltbarkeit und Geschmack schließen einander aus bei Tomaten“ – damit bringt Julia Albrecht auf den Punkt, was die meisten über die Sommerfrucht schon immer gewusst, aber erfolgreich verdrängt haben, berichtet der Großmarkt Bremen.
Die studierte Landwirtin hat ihre Abschlussarbeit den Tomaten gewidmet und weiß, warum manche glänzen – und doch nichts taugen. Auf dem Bioland Hof Steding in Bramstedt bei Bassum kümmert sie sich um Anbau, Ernte und den direkten Verkauf auf dem Bremer Domshof und dem Delmemarkt.
Ursprünglich stammt die Tomate aus Südamerika, wo sie schon von den Azteken kultiviert wurde – unter dem Namen „xītomatl“, was so viel wie „geschwollene Frucht“ bedeutet. Mit den spanischen Eroberern gelangte sie im 16. Jahrhundert nach Europa – erst als exotische Zierpflanze. Wegen ihrer Verwandtschaft mit dem giftigen Nachtschatten wurde sie lange gemieden. Erst im 18. Jahrhundert kam sie langsam auf den Teller – zuerst in Italien, dann in Frankreich und schließlich auch bei uns. Heute ist die Tomate aus keiner Länderküche mehr wegzudenken. Und das Beste: Im Juli hat sie bei uns Hochsaison.
Tomate ist nicht gleich Tomate – ein Fruchtuniversum
Wer am Tomatenstand stehe, blicke oft auf ein buntes, aber auch leicht verwirrendes Sortiment. Denn bei Tomaten treffen Sortennamen und Handelsbezeichnungen munter aufeinander. Tomaten werden in sogenannte Klassen unterteilt. Dabei gehe es meist um Größe und Form. Hinzu kommen Begriffe wie Strauch- oder Rispentomate. Diese sagen nichts über Sorte oder Klasse aus, sondern lediglich, wie die Tomaten gewachsen oder geerntet wurden. „Die Tomate als ganze Rispe zu ernten, ist vor allem im Interesse der Erzeuger“, erklärt Julia Albrecht. „Die Tomaten ihrem Reifegrad entsprechend einzeln zu pflücken, ist halt viel aufwendiger.“
Und die Farben? „Das ergibt sich aus einer Kombination aus Haut- und Fruchtfleischfarbe“, erklärt Julia Albrecht. „Die Haut kann weiß oder gelb sein, das Fruchtfleisch, rot, orange oder rot. Rosa Tomaten z.B. haben weißliche Haut und rotes Fruchtfleisch.“ Dunkle, fast schwarze Tomaten? Die verdanken ihr geheimnisvolles Äußeres speziellen Pigmenten in der Haut.
Noch entscheidender als die Farbe sei aber, wo die Tomate wächst: „In der konventionellen Großproduktion stehen die Pflanzen oft mit den Füßen in Nährlösung. Da ist geschmacklich natürlich wenig los“, sagt Albrecht. „Wenn Tomaten im Mutterboden wachsen, nehmen sie die Mineralien aus der Erde auf – und das schmeckt man. Wie beim Wein – da spricht man vom Terroir. Unser Terroir ist der Bramstedter Südhang.“
Wer beim Tomatenkauf auf dem Wochenmarkt noch unsicher ist, fragt einfach die Marktkaufleute hinterm Stand. „Das Schöne ist ja: Wir lassen Sie probieren. Und wir können genau sagen, welche Sorte für Soße, Salat oder das Pausenbrot am besten geeignet ist“, sagt Julia Albrecht.
Alte Sorten – charmant, aber herausfordernd
Ja, es gibt sie noch, die alten Tomatensorten mit den schönen Namen – „Grüne Zebra“, „Berner Rose“ oder „Goldene Königin“. Sie sehen fantastisch aus und schmecken oft besonders aromatisch. Aber sie sind auch empfindlich und krankheitsanfällig. Und: Laut EU-Recht dürfen viele dieser Sorten offiziell nur als Zierpflanzen angebaut werden – eine Grauzone für viele Hobbygärtnerinnen und -gärtner.
Julia Albrecht plädiert für Differenzierung: „Nicht jede alte Sorte ist automatisch besser. Und nicht jede neue Sorte schlecht. Es gibt auch moderne Sorten mit tollem Aroma – aber die müssen eben auch mit Wetter, Transport und Nachfrage klarkommen.“
Wer Tomaten haben möchte, die richtig aromatisch schmecken, gehe jetzt auf den Wochenmarkt. Kurze Wege, gezielte Ernte und Beratung vom Erzeuger – das mache den Unterschied.