Michael Möhring kennt die Gastronomie aus nahezu jeder Perspektive: als gelernter Koch, als Betriebswirt mit Industrieerfahrung oder auch als ehemaliger Vertriebsleiter bei der Edeka-Zentrale in Hamburg, wo er zuständig für die Belieferung der Gastronomie gewesen ist. Heute möchte er als Gründer des Branchennetzwerks ErfaFoodService den Erfahrungsaustausch und die weiterführende Entwicklung mittelständischer Unternehmen im Außer-Haus-Bereich vorantreiben.
Im Gespräch mit dem Fruchthandel Magazin erklärt Möhring anfangs: „Ich habe früh gemerkt: Die Leute kennen sich nicht, sie tauschen sich nicht aus.“ Aus diesem Impuls heraus entstand schließlich auch die ErfaFoodService – ein Zusammenschluss unterschiedlichster Akteure entlang der gesamten Wertschöpfungskette im Außer-Haus-Markt – vom Saatguthersteller über den Landwirt bis zur Großküchentechnik und Digitalisierungslösung. „Es gibt keine Hauptversammlung, keine Satzung“, sagt Möhring. Was zähle, sei das direkte Gespräch und die Frage, was in der Praxis funktioniere und was nicht. Veranstaltungen finden digital oder vor Ort in Betrieben statt, möglichst konkret und praxisnah. Eine zentrale Rolle im Netzwerk spiele auch der Austausch mit internationalen Partnern wie bspw. dem irischen Familienunternehmen Keelings, das nicht nur bedeutender Erzeuger und Vertreiber von Obst und Gemüse ist, sondern mit „Keelings Knowledge“ auch eine ganzheitliche Softwarelösung zur Prozessoptimierung im Frucht- und Foodservice-Bereich anbietet – ein zentrales System, das alle Prozesse vom Einkauf bis zur Lieferung bündeln, für Transparenz sorgen und fundierte Entscheidungen ermöglichen soll. „Wer Prozesse vom Feld bis zum Teller sauber abbilden kann, hat einen echten Wettbewerbsvorteil“, so Möhring. Gerade in Zeiten von Fachkräftemangel und wachsendem Kostendruck seien geschlossene, digitale Prozessketten entscheidend – auch, um Lebensmittelverschwendung zu reduzieren, Nachhaltigkeitsziele zu erreichen und dem Trend hin zu frischen und regionalen Produkten gerecht zu werden. Dabei gehe es nicht um technologische Spielereien, sondern um ganz konkrete Herausforderungen: „Wenn ich nicht weiß, mit wie vielen Portionen meine Kantine kalkulieren muss, weil am Freitag einige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Homeoffice sind, koche ich zu viel. Das ist weder nachhaltig noch wirtschaftlich.“
Frische Infos in Echtzeit
Zudem betont Möhring: „Wenn ein Lieferant sein Produktsortiment aktualisiert oder Sonderangebote hat, muss diese Information den Kunden sofort erreichen – und nicht über Excel-Tabellen, per E-Mail oder veraltete Methoden wie Fax.“ Genau hier setzen Lösungen wie die Vertriebs-App von Keelings an, die mit einem ERP-System verknüpft ist. Sie ermöglichen es, Lieferanten und Gastronomiebetrieben Live-Daten zu Verfügbarkeit und Preisen bereitzustellen und schließen so Infomationslücken und optimieren die gesamte Bestellkette. Das Ergebnis sind schnellere Bestellungen, weniger Fehler und ein höherer Umsatz. Entscheidend dabei sei, dass sich diese Tools an den tatsächlichen Abläufen im Betrieb orientieren und nicht umgekehrt. Was die Softwarelösung von Keelings aus Sicht Möhrings besonders mache, sei der durchdachte, ganzheitliche Ansatz entlang der gesamten Lieferkette. Denn viele Lieferanten und Anbieter im Außer-Haus-Markt hätten zwar einzelne Prozesse digitalisiert, oft fehle aber die nötige Verbindung zwischen den Systemen. Die Folge seien fehleranfällige Abläufe, doppelte Dateneingaben, Medienbrüche – gerade bei der täglichen Fülle an Bestellungen, individuellen Anforderungen und wechselnden Produktverfügbarkeiten. Und genau hier setzt Keelings an: Die Lösung soll Brüche vermeiden und Informationen wie Allergene, Rezeptänderungen, Sonderangebote oder Bestellmengen nahtlos über alle Ebenen hinweg übertragen – vom Warenwirtschaftssystem des Lieferanten bis hin zur digitalen Bestellung im Gastronomiebetrieb.
Tradition trifft Innovation
Was Möhring an Keelings zudem beeindruckt, ist der Erfahrungsschatz des Unternehmens: „Keelings ist ein traditionsreiches Familienunternehmen, das die Herausforderungen der Branche aus eigener Erfahrung kennt, Probleme für sich selbst beseitigt und daraus eine Lösung für andere entwickelt hat.“ Und genau diese Authentizität sei aus Sicht von Möhring entscheidend, um sich am Markt dauerhaft etablieren zu können. Dabei geht es Möhring nicht nur um Technik, sondern auch um Haltung. „Wenn ein Unternehmen seine Mitarbeiter gut behandelt, entstehen Innovationen fast von selbst“, sagt er. Digitalisierung dürfe nie Selbstzweck sein, sondern müsse dazu dienen, Menschen zu entlasten und Qualität zu sichern. Denn Qualität bleibe das wichtigste Argument – ob im Sterne-Restaurant oder in der Kita-Verpflegung. Auf Branchentrends angesprochen, sagt Möhring: „Pflanzliche Ernährung, Transparenz, Individualisierung und nachhaltige Logistik sind keine Zukunftsmusik mehr, sondern gelebte Realität.“ Gleichzeitig sieht er eine Verschiebung in der Gastronomielandschaft: klassische Betriebe werden weniger, Lizenz- und Franchise-Konzepte gewinnen an Bedeutung. Hier werde Systemkompetenz zum Schlüssel – und digitale Lösungen wie „Keelings Knowledge“ laut Möhring unverzichtbar. Und wie kann das Erfa-Netzwerk Unternehmen unterstützen? „Wir bringen die richtigen Leute an einen Tisch“, so Möhring. „Und wenn am Ende ein Betrieb seine Produktionsplanung komplett neu denkt oder zwei Partner gemeinsam ein neues Konzept entwickeln, dann haben wir unser Ziel erreicht.“
Wandel gemeinsam gestalten
Ein Beispiel sei ein Schul- und Kita-Caterer, der nach einem Erfa-Besuch in den Niederlanden sein geplantes Werk völlig neu konzipierte – mit mehr Flexibilität, weniger Verlusten und besserer Qualität. Möhrings Fazit: „Keiner ist so klug wie alle.“ Und genau deshalb brauche es Plattformen wie die ErfaFoodService, die Austausch ermöglichen – nicht als Selbstzweck, sondern als echte Hilfe zur Weiterentwicklung. „Der Wandel ist längst schon da. Jetzt geht es darum, ihn gemeinsam sinnvoll zu gestalten“, betont Möhring abschließend. Der Kreis zu Keelings scheint sich zu schließen. Denn wie das Unternehmen mitteilt, ermögliche die Software nicht nur eine automatisierte Verarbeitung von Bestellungen, sondern sei auch bereits auf gesetzliche Neuerungen wie bspw. die E-Rechnungspflicht vorbereitet. Darüber hinaus werde bereits an KI-gestützten Tools gearbeitet, die künftig einfache Datenanalysen ermöglichen und so fundierte Entscheidungen im Tagesgeschäft erleichtern sollen.