Im Oktober 2024 beschloss der Kölner Stadtrat, den Großmarkt Köln zum 31.12.2025 zu schließen. Nach jahrelangen Verhandlungen und der Suche nach Lösungen und Kompromissen ein Schock für die rund 145 ansässigen Händler, wie vergangenen Mittwoch deutlich wurde, als sich Betroffene und Interessierte zum Pressegespräch auf dem Wochenmarkt im nordwestlichen Veedel Bickendorf trafen.


„Die Händler stehen vor dem Nichts“, betonte Jörg Frank (BUND). Für ihn fällt der Großmarkt unter „kommunale Daseinsvorsorge“. Offiziell sei es zwar nicht Pflicht der Stadt, einen Großmarkt zu ermöglichen - die Stadt habe aber auch nicht die Pflicht, eine Oper zu unterhalten, und doch gebe es sie, so Frank zynisch. Die Händler könnten nicht derart perspektivlos zurückgelassen werden. „Als Interessensgemeinschaft hatten wir Architekten beauftragt und selbst Pläne für ein Frischezentrum im Stadtteil Marsdorf entwickeln lassen. Diese Pläne waren umsetzbar“, erklärt Michael Rieke, Sprecher der Interessensgemeinschaft Kölner Großmarkt e.V.

Neuer Kölner Großmarkt erst ab 2031 - keine Perspektive und “kein Zurück”

Nun fehle laut Aussagen der Stadt ein Investor, ein neuer Großmarkt in Marsdorf werde für 2031 in Aussicht gestellt. „Die Händler brauchen jetzt eine Lösung! Selbst eine Interimslösung wäre besser als Nichts“, zeigt sich Rieke frustriert. Vor allem: Wo sollen die Händler des Großmarktes in den dazwischenliegenden fünf Jahren hin? Passende Gebäude zu finden, sei das eine. Diese dann aber umbauen zu lassen, sei nicht nur kosten-, sondern auch zeitintensiv, so Nevzat Taşkiran (Fa. Birkenheyer Fruchthandels GmbH), nötige Genehmigungen seitens der Stadt könnten schon mal acht bis zehn Monate dauern. Gemeinsam mit anderen Unternehmern des Großmarktes habe er sich nun nach einer anderen Lösung umgesehen und die ABA Köln Frische Centrum GmbH gegründet. Die Verträge sind unterschrieben, es gibt „kein Zurück“, so Taşkiran.

Jörg Frank (BUND Köln) zur Situation des Kölner Großmarktes

Die Händler dürften nicht perspektivlos zurückgelassen werden, betonte Jörg Frank, Experte für Kommunalpolitik beim BUND Köln, zur Situation des Kölner Großmarktes, als sich die Akteure zum Austausch auf dem Bickendorfer Wochenmarkt treffen. Zumindest die Freistellung der Rückbauverpflichtung könnte helfen, Finanzmittel für Neuinvestitionen und Mietkautionen zu erhalten.

Auf dem Bild v.l.: Musa Sarıca (Selina Abholmarkt), Michael Rieke (Sprecher IG Kölner Großmarkt e.V.), Nevzat Taşkiran (Birkenheyer Fruchthandels GmbH), Prof. Dr. Pablo Steinberg (Leiter AG Frischezentrum, BUND Köln), Jörg Frank (Experte für Kommunalpolitik, BUND Köln), Dr. Helmut Röscheisen (BUND Köln), Peter Bruckmann (Vorsitzender Bickendorfer Interessensgemeinschaft)

Mehr Aufwand, mehr Kosten, weniger Support

Ideal sei das nicht: Auf dem Großmarkt habe man sich untereinander geholfen, Kunden hätten mit einer Anfahrt Zugang zu vielen Strukturen bekommen und so, ganz im Sinne des One-Stop-Shop-Prinzips, ihre Bedarfe decken können. Habe dem einen Händler ein Produkt gefehlt, habe ein anderer aushelfen können. Das wird in Zukunft anders aussehen: Durch eine potenzielle Aufteilung der bisherigen Händler auf einzelne, kleinere Standorte, die auf das Stadtgebiet verteilt werden (müssen), steigt für alle der Aufwand – und die Kosten. Das Bedauern, das Unverständnis und der Frust sind deutlich spürbar. Auch die am Folgetag (5.6.) kurzfristig eingesetzte Aktuelle Stunde im Kölner Wirtschaftsausschuss konnte am Beschluss nichts ändern.

Schuldzuweisungen und fehlende Signale

Während Volker Görzel (FDP) dem Antrag Scheinheiligkeit bescheinigte (“Erst zünden Grünen, CDU und Volt das Haus an - und dann wollen sie wissen, wie die Löscharbeiten laufen.”) sah Monika Roß-Belkner (CDU) die Verantwortung bei den Händlern. Das Ende des Großmarktes in Raderberg sei nicht überraschend gekommen, es habe an Initiative der Händler gemangelt. „Die Stadt hatte uns in der Vergangenheit nie klare Signale gegeben“, so Rieke. „Uns wurde immer gesagt, der Großmarkt zieht um“, erklärt Norbert Heep, Vorsitzender der Interessensgemeinschaft und Geschäftsführer des am Großmarkt ansässigen Handelsunternehmens Früchte Heep. Die klaren Signale gebe es jetzt dafür umso deutlicher: „Ende 2025 ist Schluss, die Stadt zieht das durch“, ergänzt Rieke.

Händler vor Insolvenz bewahren und Arbeitsplätze schützen

Jetzt gehe es vor allem darum, die Rückbauentlastung für die Händler des Großmarktes durchzusetzen. Bestehe die Stadt auf dieser Verpflichtung, bedeute das für viele Akteure die Insolvenz, erklärt der Sprecher der IG. Für 2026 klingt seine Prognose alles andere als rosig: Statt des Großmarktes werde man versuchen, dezentral zu arbeiten und die Abläufe untereinander soweit abzustimmen wie möglich. Für die Wochenmärkte sieht er steigenden Druck: Die Beschaffung werde aufwändiger und kostspieliger, was u.a. auch steigende Preise für die Konsumenten bedeute. Gleichzeitig stehen über 3.000 Arbeitsplätze auf dem Spiel, erklärt der Vorsitzende der IG, Norbert Heep (Früchte Heep): Alleine 1.000 seien direkt mit dem Großmarkt verbunden, weitere 1.000 bei den Kunden, hinzu kommen 1.000 in Dienstleistungen, z.B. in der Logistik - von den Lieferanten ganz zu schweigen. Vor allem die Existenz kleinerer und mittelständischer Landwirte, die für die Belieferung der „vier Großen“ im LEH zu wenig Ware produzierten, werde durch den Wegfall des Großmarktes „ruiniert“, so Heep, den Sie in einem kurzen O-Ton auch auf unserer LinkedIn-Seite hören können: → zum Beitrag.

image00017Pressetermin zum Großmarkt Köln auf dem Bickendorfer Wochenmarkt

Das Lächeln galt dem Foto - die Lage ist alles andere als fröhlich, wie die zum Pressetermin vergangene Woche zahlreich erschienenen Händler und Akteure bestätigten, die sich für den Erhalt des Kölner Großmarktes einsetzen.

v.l. Prof. Dr. Pablo Steinberg (BUND Köln, Leiter AG Frischezentrum), Pino Aronica (Fa. Zimmermann), Norbert Heep (Früchte Heep, Vorsitzender der IG Kölner Großmarkt e.V.), Musa Sarıca (Selina Abholmarkt), Michael Rieke (Sprecher Interessensgemeinschaft Kölner Großmarkt e.V.)