Da haben die angehenden Sonderpädagogik- und Grundschullehrkräfte an der Universität Oldenburg nicht schlecht gestaunt, als ihre Professorin Ines Oldenburg zu Beginn des Seminars in Gummistiefeln und mit einem Spaten in der Hand vor ihnen stand und verkündete, dass sie den Seminarraum in diesem Semester nur selten von innen sehen würden.
„Mit dem Campus-Gemüseacker möchten wir angehende Lehrkräfte darauf vorbereiten, einen Schulgarten zu betreuen“, erklärt Oldenburg. Kinder könnten im Sachunterricht in der Grundschule oder im sonderpädagogischen Bereich durch den Gemüseanbau praktische Erfahrungen mit Umwelt und Nachhaltigkeit machen. Hintergrund ist das UNESCO-Programm „Bildung für Nachhaltige Entwicklung“ (BNE), dem sich auch Deutschland verpflichtet hat.
Lernen mit allen Sinnen
Ein Gemüseacker, ob an der Universität oder in der Schule, dient demnach als Lernort für alle drei Dimensionen von Nachhaltigkeit: der ökologischen, der ökonomischen und der sozialen. „Und es ist einfach eine große Freude, das Wachsen und Gedeihen der Pflanzen mitzuerleben“, sagt Oldenburg. Auch bei den 13 Studentinnen und Studenten der Grundschul- und Sonderpädagogik wuchs die Motivation von Woche zu Woche. „Die Begeisterung authentischer Menschen, die uns geholfen haben, hat die angehenden Lehrkräfte mitgezogen“, resümiert Oldenburg. Neben einer Gärtnerin war das Landwirtin Thale Meyer, die das Gemüse mit getrocknetem Dünger aus ihrer Biogasanlage versorgt und die Gruppe auf ihren Hof zum Gegenbesuch eingeladen hat. „Es war gut, dass die Studenten in der Realität gesehen haben, woher der Dünger stammt und was in die Biogasanlage reingeht beziehungsweise wieder rauskommt“, erläutert Meyer. Mit der Uni Oldenburg arbeitet sie zudem im Projekt „Landwirtschaft macht Schule“ zusammen und hat bereits mehrere Exkursionen für Studenten durchgeführt. Meyer ist beim eingetragenen Verein i.m.a – information.medien.agrar – angestellt, der unter anderem das Lernen auf dem Bauernhof unterstützt.
Auf dem rund 80 m2 großen „Campusacker“ wurden mit Mangold, Mais, Lauchzwiebeln, Zucchini, Gurken, Kartoffeln, Zuckererbsen, Tomaten und verschiedenen Salatsorten „sensationelle Ernteerfolge“ erzielt. „Doch wie hätte der Acker ausgesehen, wenn wir nicht gedüngt hätten?“, regt Oldenburg zum Nachdenken an.
Zwischen Schneckenfraß und Supermarktpreisen
Sie sieht es als ihre Aufgabe an, Nachhaltigkeit in schulischer Bildung durch Projekte mit starkem Alltagsbezug, wie das Anbauen und Verwerten von Gemüse, zu vermitteln. Dazu gehöre auch, ein Bewusstsein für die Probleme, die bis zur Ernte auftauchen können, zu schaffen. Diese kritische Reflexion fordert sie von den Studenten ein und wird durch die Praxis untermauert: „Auf dem Nachbarbeet wurde der gesamte Salat von den Schnecken gefressen.“ Außerdem haben die Studenten, die jede Woche in den Gemüsebeeten gearbeitet haben, ausgerechnet, was die Radieschen im Bund wert sind und wie viel sie im Supermarkt kosten.
Für den Gemüseacker arbeitet Oldenburg mit der „CampusAckerdemie“ zusammen, einem vom Bundesumweltministerium geförderten Bildungsprogramm des Vereins Ackerdemia. Das Projekt erhält zudem finanzielle Unterstützung durch die BINGO-Umweltstiftung Niedersachsen, teilt der Landvolk Pressedienst (LPD) abschließend mit.