Foto: Ralf Petrov

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„Die Behörden geben den bulgarischen Kartoffelanbauern den Todesschuss“, alarmiert diese Tage der Branchenverband im Balkanland. „Und zwar die bulgarischen Behörden, nicht die europäischen“, ergänzt der Vorsitzende der Organisation Todor Dschikov, der die beliebten Knollen auch selbst anbaut.

Der Hintergrund: der Ausschluss der Branche aus der vorgesehenen finanziellen EU-Unterstützung. Zusätzlich solle künftig die Kartoffelproduktion sogar in Gebirgsgegenden nicht mehr subventioniert werden können. „Dabei sind rund 85 % der bulgarischen Kartoffelanbauer in den Bergen aktiv, wo die Lebensbedingungen rau und die Möglichkeiten für den Neuerwerb eines alternativen Jobs deutlich eingeschränkt sind“, so Dschikov gegenüber dem Bulgarischen Rundfunk.
Im Klartext würde dies bedeuten, dass die bulgarische Administration 2.300 Erzeuger sowie ihre Familien im kommenden Jahr den Lebensunterhalt radikal entziehe. Nach Angaben des Verbandes würden mehr als 5.500 nur bedingt qualifizierte Arbeiter auf diese Weise ihre Arbeit verlieren. Das Argument der Regierung in Sofia ist der Beschluss der EU, Speisekartoffeln nicht mehr zu subventionieren, sondern nur noch Knollen für die Produktion von Kartoffelstärke. Bis dato gibt es aber in Bulgarien hierzu keine einzige Verarbeitungsfabrik. Nur wenige Erzeuger bauen derartige Sorten gezielt und nach Absprache für den Export in die benachbarten Ländern Griechenland und Rumänien an.

Eine solche Maßnahme würde den lokalen Markt automatisch für riesige zusätzliche Kartoffelmengen aus Deutschland, Frankreich, Polen, Griechenland, Litauen und Rumänien öffnen. Gleichzeitig konzentriere sich die Einfuhr aktuell in den Händen von nur vier Importeuren, so Todor Dschikov im Interview. Jährlich würden in Bulgarien ca. 200.000 t Kartoffeln verbraucht. Dabei würden in Bulgarien etwa 140.000 t bis 150.000 t geerntet. Ein gutes Geschäft also.
Zwar habe der bulgarische Agrarminister Hristo Buzukov Brüssel schriftlich vorgeschlagen, die Speisekartoffelproduktion nicht aus dem Unterstützungsprogramm zu nehmen und sogar den Zuspruch von vier weiteren EU-Mitgliedstaaten erhalten, doch sich in den Augen des Verbands letztendlich nicht nachdrücklich um die betroffenen Bauern gekümmert. Der EU-Kommissar für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung Janusz Wojciechowski sei von Journalisten bezüglich der absehbaren Gefahren für die Kartoffelproduzenten in einigen osteuropäischen Staaten angesprochen worden. Er habe sich bereit erklärt, die Situation genauer zu prüfen und eventuell alternative Lösungen einzuleiten, doch „die bulgarischen Behörden haben sich nicht weiter darum gekümmert“, moniert der Vorsitzende des Verbandes der bulgarischen Kartoffelhersteller. „Und das vor dem Hintergrund der Tatsache, dass in Bulgarien vor dem EU-Beitritt noch 25.000 ha Kartoffelfelder existierten. Heute sind es nur noch 7.000 ha.“ Ralf Petrov