Der Kontrast könnte kaum deutlicher sein: Während in Brüssel die Landwirtschaftsverbände Alarm schlagen, reist Berlin nach Rabat, um die Zusammenarbeit zu vertiefen. Zwei fast zeitgleiche Meldungen verdeutlichen die Spannweite der europäischen Debatte, die Marokko mal als geopolitischen Partner, mal als Wettbewerber mit umstrittenem Marktzugang sieht.

Wie der Dachverband Copa-Cogeca am 1. Oktober mitteilte, warnen europäische Bauernorganisationen eindringlich vor einem „gefährlichen Präzedenzfall“ im Zuge der geplanten Anpassung des EU-Handelsabkommens mit Marokko. Hintergrund ist ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom Oktober 2024, das die Einbeziehung der Westsahara in bestehende Handelsregeln für unzulässig erklärt hatte. Nach dem Vorschlag der EU-Kommission sollen Produkte aus der Westsahara künftig zwar als solche gekennzeichnet sein, die Zertifikate würden jedoch weiterhin von marokkanischen Behörden ausgestellt. Nach Ansicht der Verbände würde dies Verbraucher irreführen, die Wettbewerbsbedingungen verzerren und den Respekt vor internationalen Rechtsgrundsätzen untergraben. Besonders betroffen sei der Obst- und Gemüsesektor, der bereits unter den bestehenden Einfuhren aus Marokko leide.

1. Treffen der Deutsch-Marokkanischen Arbeitsgruppe für Landwirtschaft 

Nur einen Tag später meldete das Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat (BMLEH) eine andere Facette der Beziehungen: Am 3. Oktober tritt in Rabat erstmals die neu gegründete Deutsch-Marokkanische Arbeitsgruppe für Landwirtschaft zusammen. Geleitet wird sie von Staatssekretärin Martina Englhardt-Kopf und Redouane Arrach aus dem marokkanischen Agrarministerium. Ziel der Zusammenarbeit sei es, so Englhardt-Kopf, „die Produktivität zu steigern, die Ressourcennutzung effizienter zu gestalten und die Zukunftsfähigkeit des Sektors zu sichern. Wir wollen voneinander lernen - damit die Landwirtschaft in beiden Ländern profitiert. Zudem wollen wir unsere Handelsbeziehungen mit Marokko intensivieren, ganz im Sinne des Koalitionsvertrags, mit dem wir die strategische Rolle des Handels mit dem afrikanischen Kontinent betonen“. Durch die Arbeitsgruppe sollen aktuelle Anliegen ausgetauscht werden, die neben Handel auch Veterinärfragen, klimaresiliente Landwirtschaft sowie nachhaltige Wasser- und Bodennutzung umfassen können.

Martina Englhardt-Kopf

Image: Tobias Koch | BMLEH

Martina Englhardt-Kopf, Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Heimat