Der Gesamtumschlag im Rotterdamer Hafen lag im ersten Halbjahr 5,5 % niedriger (220,7 Mio t) als im selben Zeitraum 2022 (233,5 Mio t). Der Rückgang wurde vor allem beim Umschlag von Kohle, Containern und anderem trockenem Massengut (Rohstoffe) verzeichnet.

In der ersten Jahreshälfte wurden die Verträge über die Erweiterung der Containerterminals im Prinses Amaliahaven unterzeichnet. Von dieser Erweiterung wird mittelfristig ein Containerumschlag von rund 4 Mio TEU (Standardmaß für Container) erwartet. Dank ihrer soliden Finanzergebnisse ist die Port of Rotterdam Authority in der Lage, weitere Investitionen in die Energiewende und die Erreichbarkeit des Hafens zu tätigen, heißt es vom Unternehmen.

Der Rotterdamer Hafen

Der Rotterdamer Hafen

Image: Martens Multimedia

Boudewijn Siemons, CEO a.i. und COO der Port of Rotterdam Authority: „Trotz der ungewissen Wirtschaftslage und der geopolitischen Spannungen wurden im ersten Halbjahr große Fortschritte bei der Anlage und Vergabe neuer Grundstücke und Kaimauern erzielt, wodurch Raum für unter anderem die Produktion und den Import von grünem Wasserstoff und zusätzliche Kapazitäten im Containersegment entstanden. Die Vergabe der Grundstücke im Prinses Amaliahaven an APM Terminals und RWG war ein wichtiger Schritt. Wir wollen unseren Kunden frühzeitig den benötigten Raum und die Einrichtungen bieten, die es ihnen ermöglichen, auf nachhaltige Weise unternehmerisch tätig zu bleiben und zu expandieren.“

Im ersten Halbjahr 2023 erzielte die Port of Rotterdam Authority solide finanzielle Ergebnisse. Die Erträge, die hauptsächlich mit Seehafengebühren und Miet- und Erbpachterträgen erwirtschaftet werden, stiegen seit dem ersten Halbjahr 2022 um 4,3 Mio Euro auf 416,5 Mio Euro an. Die betrieblichen Aufwendungen erhöhten sich um 10,2 Mio Euro auf 134,6 Mio Euro. Damit ging das Ergebnis vor Steuern, Zinsen, Abschreibungen und Wertminderungen um 5,9 Mio Euro auf 281,9 Mio Euro zurück. Das Nettoergebnis verringerte sich um 26,1 Mio Euro auf 116,5 Mio Euro, was durch zwei einmalige Posten verursacht wurde. Im ersten Halbjahr wurden eine Abwertung erworbener Stickstoffemissionsrechte (8,0 Mio Euro) und eine Bürgschaftsprovision Porthos (7,3 Mio Euro) erfasst, wodurch das Ergebnis aus Beteiligungen negativ ausfiel. Die Bruttoinvestitionen im ersten Halbjahr 2023 beliefen sich auf 135,7 Mio Euro einschließlich Kapitaleinzahlungen in Beteiligungen (erstes Halbjahr 2022: 117,1 Mio Euro). Die wichtigste Investition im ersten Halbjahr 2023 war der Bau der Kaimauer im Amaliahaven (38,3 Mio Euro).

Container und Stückgut

Der Containerumschlag reduzierte sich im ersten Halbjahr um 9,3 % auf 64,4 Mio t und um 8,1 % auf 6,7 Mio TEU. Dieser Rückgang hatte zwei Hauptursachen: den Wegfall von Volumen aus und nach Russland und den geringeren Import aus Asien. Die Zuverlässigkeit der Fahrpläne der Containerschiffe hat sich im ersten Halbjahr jedoch weiter verbessert. Dadurch verlief auch die Abfertigung der Volumen im Hafen und zum Weitertransport ins Hinterland effizienter. Der Roll-on/Roll-off-Verkehr (RoRo) ging um 3,2 % auf 13,3 Mio t zurück. Außer mit einer sinkenden Nachfrage infolge der hohen Inflation und der aufgebauten Vorräte sieht sich das RoRo-Segment auch mit einer schwachen britischen Wirtschaft konfrontiert. Das Segment sonstiges Stückgut verzeichnete einen Rückgang um 11,5 % auf 3,4 Mio t. Der Hauptgrund dafür war, dass viele Stückgutfrachten angesichts der geringen Containertarife wieder in Containern befördert werden.

Digitalisierung

In der ersten Jahreshälfte wurden auf dem Gebiet der Digitalisierung gute Fortschritte verzeichnet. Nach einer intensiven Pilotphase wurde Nextlogic im Januar 2023 offiziell in Gebrauch genommen. Dieses integrierte Planungstool soll die Abfertigung der Binnenschiffe im Hafen beschleunigen und den Terminals eine optimale Nutzung ihrer Kais ermöglichen. Nextlogic erwartet, dass nach dem Anschluss weiterer Binnenschiffsbetreiber im Laufe des Jahres 2023 über 90 % des Binnenschifffahrtsvolumens an den Deepsea-Terminals über das integrierte Planungstool abgewickelt wird. Im Juni dieses Jahres wurde auch Distro Energy eingeführt, eine vollautomatisierte Handelsplattform, auf der die Unternehmen untereinander vor Ort mit selbst erzeugter Energie handeln und deren Verbrauch optimieren können. Die Plattform trägt zur Energiewende bei, indem sie ein neues Marktmodell für das lokale Angebot nachhaltiger Energie zu günstigeren Preisen bietet. Dadurch wird einerseits auf lokaler Ebene mehr erneuerbarer Strom verbraucht, was zur Reduzierung von Netzengpässen beiträgt, während zugleich die Kosten der Abnehmer sinken und die Akteure, die erneuerbare Energie erzeugen und/oder speichern, eine bessere Rendite erzielen.

Fortschritt der Energiewende

Nach vielen Jahren der Vorbereitung ist die Energiewende auf breiter Ebene in Gang gekommen. Momentan laufen rund 70 Projekte in verschiedenen Phasen, wodurch die Energiewende immer mehr Gestalt annimmt. Grüner Wasserstoff spielt im neuen CO2-neutralen Hafen und der Wirtschaft eine zentrale Rolle. Um die Klimaziele zu erreichen, arbeitet die Port of Rotterdam Authority an einer Reihe konkreter Projekte über die gesamte Kette von Produktion, Infrastruktur, Transport, Import und Nutzung. Für den umfangreichen Import von grünem Wasserstoff wurden dieses Jahr Kooperationsvereinbarungen u. a. mit Partnern in Brasilien, Spanien und Namibia unterzeichnet.

Für die Produktion von grünem Wasserstoff werden im Hafenerweiterungsgebiet 2. Maasvlakte zwei Konversionsparks realisiert. Mehrere Unternehmen haben Pläne, hier Fabriken für grünen Wasserstoff mit einer Kapazität von jeweils 200 bis 250 MW zu errichten. Shell hat bereits mit dem Bau der ersten Wasserstofffabrik begonnen. Alle Grundstücke im ersten Konversionspark wurden bereits vergeben. An anderer Stelle auf der Maasvlakte wird nun Raum für einen neuen Elektrolyse-Cluster geschaffen. Im April 2023 wurde hier ein 11 ha großes Gelände reserviert, auf dem der Bieter, der in der Ausschreibung für den Windpark IJmuiden Ver, Teilfläche Beta, den Zuschlag erhält, einen Wasserstofffabrik mit einer Kapazität bis zu 1 GW errichten kann. Die Port of Rotterdam Authority strebt bis 2030 eine Elektrolysekapazität von 2 bis 2,5 GW an; in den gesamten Niederlanden sollen bis 2030 nach den Plänen der Regierung 4 GW realisiert werden. Die Gasunie hat im Juni den Investitionsbeschluss für den ersten Teil eines nationalen Wasserstoffnetzwerks von der Maasvlakte 2 nach Pernis getroffen. Die Arbeiten beginnen im Sommer. Das Wasserstoffnetzwerk wird ab 2030 die großen Industriegebiete in den Niederlanden und den Nachbarländern, wie Deutschland und Belgien, miteinander verbinden.

Das niederländische Unternehmen Sif wird seine Fabrik für Monopile-Fundamente auf der 2. Maasvlakte erweitern. Die ersten Produktionstätigkeiten sind für die zweite Jahreshälfte 2024 geplant. Auf dem Gebiet des Landstroms wurden im letzten Halbjahr ebenfalls gute Fortschritte erzielt. Das Projekt für die Landstrominstallation für Kreuzfahrtschiffe wurde im Juni in Angriff genommen; ab Ende 2024 sollen die ersten Kreuzfahrtschiffe in Rotterdam ihren Strom beziehen. Auch die Ökologisierung der Binnenschifffahrt erhielt durch weitere Investitionen in das Unternehmen Zero Emission Services (ZES), das sich mit der Elektrifizierung der Binnenschifffahrt befasst, sowie durch den Start des Projekts Condor H2 neue Impulse. Condor H2 wird Wasserstoffspeicher und Brennstoffzellen mit einem Akkupack nach dem Pay-per-Use-Modell zur Verfügung stellen, damit Eigentümer ihre Schiffe mit begrenzten Vorabinvestitionen emissionsfrei machen können. Dank dieser Zusammenarbeit mit der Port of Rotterdam Authority, der Provinz Südholland und mehr als 40 weiteren Partnern sollen ab 2030 50 emissionsfreie Schiffe in Betrieb sein.

Ausblick

“Für das gesamte Jahr erwarten wir angesichts der Ungewissheiten, die durch die aktuelle geopolitische Lage und die hohe Inflation entstanden sind, einen geringfügigen Rückgang des Umschlagvolumens. Das begrenzte Wachstum der niederländischen Wirtschaft und Rezessionen im Ausland führen zu sinkenden Welthandelsvolumen und einer geringeren industriellen Produktion. Für das CO2-Transport- und -Speicherprojekt Porthos erwartet der Staatsrat, nach dem Sommer in der Frage entscheiden zu können, ob die Umweltprüfung ausreichend nachweist, dass die vorübergehende Stickstoffdeposition von Porthos keine erheblichen Auswirkungen auf geschützte Naturgebiete hat. Die Vorbereitungen für das Projekt gingen unterdessen weiter. Sobald die Genehmigungen unwiderruflich sind, wird Porthos den endgültigen Investitionsbeschluss treffen”, so der Hafen.

Da die niederländische Regierung nur noch geschäftsführend im Amt ist, ist zu erwarten, dass der Fortschritt bei wichtigen Themen, bspw. Klima und Stickstoff, für lange Zeit zum Erliegen kommt. Die Port of Rotterdam Authority kann und will einen wesentlichen Beitrag zur Realisierung der niederländischen Klimaziele leisten. Dafür müssen hohe Investitionen in die Infrastruktur über viele Jahre hinweg ermöglicht werden. Außerdem benötigt der Rotterdamer Hafen Raum für Stickstoffemissionen und ausreichende Netzkapazitäten, um verschiedene Projekte auf dem Gebiet der Energiewende realisieren zu können. Wenn hier Verzögerungen eintreten, können die Ziele nicht rechtzeitig erreicht werden, wodurch der nachhaltige Umbau der Industrie und damit die Ökologisierung der Niederlande zum Stillstand kommen werden. Die Port of Rotterdam Authority wird sich auch in der kommenden Zeit für die Förderung und Durchführung dieser konkreten Projekte einsetzen.