Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) deckt eigenen Angaben zufolge auf, dass sowohl das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) als auch die Europäische Agentur für Lebensmittelsicherheit (EFSA) bei der Zulassung und Genehmigung von Pflanzenschutzmitteln seit Jahren versagen.

Ein alarmierendes Negativbeispiel sei das Herbizid Gardo Gold, das den Wirkstoff S-Metolachlor enthält. Produkt und Wirkstoff wurden auf der Grundlage des alten und nach heutigen Standards weniger ambitionierten Pflanzenschutzrechts im Jahr 2005 zugelassen und genehmigt. Seitdem sei keine Neubewertung der Risiken für Umwelt und Verbraucher erfolgt. Stattdessen wird die 2015 abgelaufene Zulassung nun schon seit sieben Jahren ohne jegliche Risikobewertung erneuert - trotz neuer Erkenntnisse unter anderem zur Kontamination des Grundwassers durch potenziell gesundheitsschädliche Stoffe.

Das Umweltbundesamt (UBA) hat das BVL schon vor Jahren auf eine bedenkliche Grundwasserverschmutzung durch Abbauprodukte von S-Metolachlor hingewiesen und eine Überprüfung der Zulassungen für Mittel mit diesem Wirkstoff gefordert. Zuletzt hat die EFSA im Februar 2023 verkündet, dass S-Metolachlor unter anderem aufgrund der Verschmutzung des Grundwassers durch potenziell krebserregende Stoffe äußerst bedenklich ist. Frankreich hat daraufhin unverzüglich sämtliche bestehenden Zulassungen S-Metolachlor-haltiger Pflanzenschutzmittel aufgehoben, um das Grund- und Trinkwasser und die Verbraucher zu schützen. Das BVL als zuständige deutsche Behörde hat hingegen immer noch nicht reagiert. S-Metolachlor-haltige Mittel sind in Deutschland trotz nachweislicher Risiken unverändert auf dem Markt und werden angewendet. Die DUH hat daher beim BVL die Aufhebung der Zulassungen S-Metolachlor-haltiger Mittel beantragt und Klage beim Verwaltungsgericht Braunschweig eingereicht.

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH: “Die Zulassung von Pflanzengiften auf Basis fast 20 Jahre alter Pflanzenschutzstandards ohne Sicherheitsprüfungen immer wieder zu verlängern, ist nicht hinnehmbar! Hier liegt systematisches behördliches Versagen vor. Seit Jahren gibt es Hinweise darauf, dass Herbizide wie Gardo Gold die Grundwasserqualität gefährden. Und selbst nachdem die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit mitgeteilt hat, dass S-Metolachlor keine erneute Wirkstoffgenehmigung erhalten soll, bleiben die deutschen Behörden untätig. Trotz erdrückender Beweise für Umwelt- und Gesundheitsgefahren bleibt das Pflanzenschutzmittel weiterhin auf dem Markt. Landwirtschaftsminister Özdemir muss jetzt endlich aktiv werden und die von Pharmakonzernen beeinflussten Behörden dazu bewegen, Pflanzengifte wirksam nach Umwelt- und Gesundheitsschutzkriterien zu prüfen. Andernfalls werden wir dies vor Gericht durchsetzen.”

Auch die EU-Kommission trägt zur Verschleppung des notwendigen Umwelt- und Gesundheitsschutzes bei. Sie verlängerte trotz der eindeutigen Hinweise auf die Gefährlichkeit des Wirkstoffs den Genehmigungszeitraum für S-Metolachlor nochmals bis November 2024. Die DUH hat bei der EU-Kommission eine Überprüfung dieser Entscheidung beantragt.

“Der Aufschub der Überprüfung hochproblematischer Pflanzenschutzmittel ist für die Gesundheit unserer Umwelt und unserer Bevölkerung inakzeptabel. Ein entschlossener Ausstieg aus der Abhängigkeit von Pflanzenschutzmitteln ist unerlässlich. Chemischer Pflanzenschutz darf nicht die erste Wahl sein, sondern muss die letzte sein”, Annemarie Botzki, Pflanzenschutzmittel-Expertin bei foodwatch.

Pflanzenschutz

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