Foto: DJI Agras/pixabay

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Die Europäische Kommission wird keine neuen Vorschläge zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (SUR) sowie zum Naturwiederherstellungsgesetz (NRL) vorlegen. Das hat der für den Green Deal federführende Vizepräsident der Brüsseler Behörde, Frans Timmermans, bei den Anhörungen vor dem Landwirtschaftsausschuss sowie dem Umweltausschuss im Europaparlament, klargestellt. Nachdrücklich forderte der Niederländer die Kritiker der Vorschläge auf, mit ihm in den Dialog zu treten.

Mit der schlichten Forderung nach einem Stopp der Vorschläge, wie es bspw. die Europäische Volkspartei (EVP) fordere, könne er sich nicht abfinden, so Timmermans. Er forderte die Gegner der Vorschläge dazu auf, präzise ihre Kritikpunkte an der SUR und dem NRL darzulegen. Auf dieser Basis sei er dann bereit, Kompromisse einzugehen. Allerdings blieb dieser Appell zumindest mit Blick auf den Entwurf zum NRL bei den EU-Agrarpolitikern ungehört. Die Mehrheit stimmte einen Tag später, am Dienstag vergangener Woche, für die Zurückweisung des Gesetzesvorschlags. Auch der EU-Fischereiausschuss stimmte für die Ablehnung. Zu dem im SUR-Vorschlag enthaltenen Komplettverbot des chemischen Pflanzenschutzes in sensiblen Gebieten stellte Timmermans fest, dass die Kommission bereits im November ein Non-Paper vorgelegt habe, in dem sie von dieser Forderung Abstand nehme.

Keine Rasenmäher-Methoden

Timmermans betonte er wolle mit dem Mythos aufräumen, der Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel müsse in jedem Mitgliedstaat und in jedem Agrarbetrieb wie mit dem Rasenmäher halbiert werden. Je nach Anwendungsmengen müssten die Mitgliedstaaten diese zwischen 35 % und 65 % reduzieren. Viel hänge auch von den anzubauenden Kulturen ab. Die Befürchtung vieler Parlamentarier, wonach die SUR und das NRL die Ernährungssicherheit in der EU gefährdeten, teilt der Niederländer nicht. Erst im Januar habe die Kommission in einer umfangreichen Studie dargelegt, dass die Ernährungssicherheit vornehmlich durch den Schwund an Biodiversität sowie den Klimawandel gefährdet werde. Dem trete die SUR und das NRL entgegen und sichere damit vielmehr die Agrarproduktion. Timmermans wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die südlichen Mitgliedstaaten in den letzten Jahren von den schlimmsten Dürren der vergangenen rund 500 Jahre heimgesucht worden seien.

Unterstützung nur von grüner Seite

Scharfe Kritik an der Haltung des Klimakommissars äußerten vor allem Mitglieder des Landwirtschaftsausschusses. Dessen Vorsitzender, der CDU-Politiker Norbert Lins, mahnte, dass die EU-Kommission die Existenzsorgen der Landwirte stärker in den Blick nehmen müsse. Der EVP-Parlamentarier Daniel Buda aus Rumänien beklagte, dass Länder, die jetzt schon weniger Pflanzenschutz einsetzten, benachteiligt würden. Ulrike Müller, Agrarsprecherin der liberalen Fraktion Renew Europe (RE), warf dem Niederländer vor, in einer „Brüsseler Blase“ zu sitzen. Als einer der wenigen Agrarpolitiker nahm der Landwirtschaftssprecher der Grünen/EFA, Martin Häusling, Timmermans in Schutz. Häusling warf seinen Kollegen im Ausschuss vor, absichtlich Panik zu schüren. Auch die Berichterstatterin des federführenden Umweltausschusses, Sarah Wiener, sprang dem Vizepräsidenten der Kommission bei. Sie ermunterte Timmermans, nicht nachzulassen. Schließlich brauchten die Landwirte nachhaltige Lösungen und Planungssicherheit, um die Ernährungssicherheit zu gewährleisten.

Rücktritt gefordert

Der vormalige EU-Agrarkommissar Dr. Dacian Ciolos forderte einen stärkeren Fokus der Folgenabschätzung auf die Verbraucherpreise. Zwar begrüßte der Rumäne die von Timmermans jetzt hochgehaltene Gesprächsbereitschaft. Diese komme allerdings viel zu spät, beklagte der ehemalige Ministerpräsident seines Landes. Beinahe ausfällig wurde die stellvertretende Vorsitzende des Landwirtschaftsausschusses, Mazaly Aguilar, von der Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR). Die Spanierin bezeichnete Timmermans als eine öffentliche Gefahr für die Landwirtschaft und forderte seinen Rücktritt. AgE