Das Forschungsprojekt ExtraHerb, finanziert aus Mitteln des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), hat das Ziel nachhaltigere Lösungen für Topfkräuter-Verpackungen zu entwickeln und diese auf die Bedürfnisse der Verbraucher auszurichten. Denn der Erfolg nachhaltiger Verpackungen hängt in hohem Maße von der Akzeptanz und der richtigen Handhabung der Verbraucher ab.

Das Projekt, das im Herbst 2022 startete, befasse sich mit allen Verpackungskomponenten, also Topf, Tüte und Tray. In einer ersten Phase wurde eine Bestandsaufnahme gemacht und die gesamte Versorgungskette untersucht: Produktion, Logistik und den Verbrauch in den Haushalten. Für die Untersuchung wurden sowohl PCR (Post Consumer Recycling) Töpfe aus recyceltem Plastik, als auch einpflanzbare Töpfe aus Nawaro (nachwachsendenden Rohstoffen), sowie Plastik- und Papiertüten verwendet und die gängigen Verpackungen für die Logistik. Analysiert wurden pflanzenphysiologische Parameter, die Umweltbedingungen für die Topfkräuter, die Ökobilanz der verschiedenen Verpackungstypen, sowie das Verbraucherverhalten in den Haushalten.

Verpackung Topfkräuter

Verpackung Topfkräuter

Image: Uni Geisenheim

Da sich die Entwicklung der nachhaltigen Topfkräuter-Verpackung am Verbraucherverhalten ausrichten soll, wurde eine Haushaltsstudie mit 25 Haushalten in der Gegend von Wiesbaden und Osnabrück, in einem Winter- und Sommerdurchlauf durchgeführt. Die Haushalte wurden nach einem theoriegesteuerten Verfahren ausgewählt, sodass die Stichprobe aus möglichst informationshalten Fällen bestand. Unter anderem wurden die Lebensphase, die Verwendung von Topfkräutern, das Interesse an Nachhaltigkeit, sowie das Geschlecht als ausschlaggebende Merkmale miteinbezogen. Die ausgewählten Haushalte erhielten drei Modellkräuter (Basilikum, Petersilie, Minze) mit unterschiedlichen Verpackungen, die zuvor den normalen Weg von der Gärtnerei über den Lebensmitteleinzelhandel gegangen waren, um möglichst realistische Bedingungen abzubilden. Zudem wurden die Modellkräuter mit Datenloggern ausgestattet, um die Temperatur und Feuchtigkeit zu messen. Mit dem Ziel den Alltagskontext, die Verwendungssituationen und den Umgang mit den Verpackungen zu untersuchen, hatten die Haushalte die Aufgabe über zwei Wochen ihre Verwendung der Topfkräuter zu protokollieren: mittels eines Tagebuchs, Fotos, sowie Sprachnachrichten. Während dieser Zeit besuchten die Forscher die Haushalte und führten themenzentrierte, qualitative Einzelinterviews durch. Abgeschlossen wurde die Studie mit einem Fragebogen, in dem u.a. Zufriedenheit, wahrgenommene Qualität, sowie Aussehen, Nachhaltigkeitseinschätzung und Praktikabilität der Verpackungstypen abgefragt wurden.

Auf Basis der erhobenen Daten aus der Haushaltsstudie konnten drei typisierte Verwendungsszenarien identifiziert werden: die zweckorientierte, die alltägliche, sowie die Lebensgefühl-Verwendung. Die zweckorientierte Verwendung sehe typischerweise so aus, dass Topfkräuter für einen bestimmten Zweck gekauft werden, nur kurz im Haushalt bleiben und eventuell nicht ausgepackt werden. Die Kräuterpflanzen werden schnell abgeerntet und die Pflege sieht minimalistisch aus. Treten Probleme auf werden die Pflanzen entsorgt. Ziel der zweckorientierten Verwendung sei es ohne Aufwand frische Kräuter für einen bestimmten Zweck zu haben. Entsprechend sind die Erwartungen an die Topfkräuter und deren Verpackung niedrig. Aufgrund der Schnelllebigkeit wünschen sich die Haushalte, dass die Verpackung möglichst wenig Einfluss auf die Umwelt hat. Die alltägliche Verwendung sehe so aus, dass Topfkräuter auch spontan gekauft werden. Sie werden nach bestem Wissen und Gewissen gepflegt, jedoch häufig begleitet mit vielen Unsicherheiten und innerhalb eines gewissen alltäglichen Rahmens. Die Topfkräuter werden einerseits als etwas Besonderes gesehen, andererseits können sie im stressigen Alltag vernachlässigt werden und die Pflege und Verarbeitung läuft nebenher. Die Haushalte zeigen eher wenig Kenntnis in der Pflege und es kann zu Enttäuschungen kommen, wenn die Topfkräuter nicht so lange halten, wie gewünscht. Ziel der alltäglichen Verwendung ist es frische Kräuter zu haben, die über längeren Zeitraum mit überschaubarem Aufwand verfügbar sind. Die Erwartungen an die Verpackungen zielen neben Umweltfreundlichkeit auf Aspekte der einfacheren Handhabung und Pflege, sowie Optik. Die Lebensgefühl-Verwendung sehe so aus, dass die Topfkräuter als Mitbewohner gesehen werden. Ihnen wird relativ viel Aufmerksamkeit geschenkt, sie werden gepflegt und umsorgt, eventuell ausgepflanzt. Der Haushalt hat typischerweise auch mehr Erfahrung in der Pflege und Tipps und Tricks entwickelt. Es gehört zum Lebensgefühl dazu. Ziel der Lebensgefühl-Verwendung ist es, neben einem frischen und gesunden Lebensmittel, auch das Erlebnis der Pflege und des Sich-Kümmerns und die Interaktion mit Natur. Erwartet wird vor allem eine umweltfreundliche Verpackung inklusive umfangreicher Informationen, sowie eine schöne Optik oder Möglichkeiten der Wiederverwendung.

Nicht jeder Haushalt könne eindeutig einem Verwendungsszenarium zugeteilt werden, sondern es sei so zu verstehen, dass jeder Haushalt unterschiedliche Verwendungen an den Tag legen könne und es dabei diese drei Szenarien typischerweise gebe. Das unterschiedliche Verhalten und Alltagspraktiken, die in den verschiedenen Verwendungsszenarien gezeigt werden, stellen auch unterschiedliche Anforderungen an die Verpackungskomponenten. Eine optimale nachhaltige Verpackung mag daher je nach Verwendungsszenarium unterschiedlich aussehen.

Auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse aus der Haushaltsstudie, zusammen mit den Ökobilanz-Analysen und der Dokumentation der Pflanzenphysiologie aus Produktion und Logistik, werden in einer weiteren Phase neue Verpackungskonzepte konzipiert, Prototypen erstellt und von Forschungs- und Praxispartnern erprobt. Unter anderem sollen die neuen Lösungen im Rahmen von standardisierten Haltbarkeitstest geprüft und mit Verkaufsexperimenten am Point of Sale die tatsächliche Kaufbereitschaft getestet werden. In den Prozess sind verschiedene Stakeholder, wie Topfkräuterproduzenten und Verpackungshersteller miteingebunden.