Mikroskopische Aufnahmen des Zellskeletts von Phytophthora während des Eindringens in einen Wirt zeigen die sich selbst schärfende Struktur. Foto: Wageningen University & Research

Mikroskopische Aufnahmen des Zellskeletts von Phytophthora während des Eindringens in einen Wirt zeigen die sich selbst schärfende Struktur. Foto: Wageningen University & Research

Die Natur schreibt die besten Geschichten – und manchmal auch die skurrilsten oder brutalsten. Auf jeden Fall können sie an Spannung locker mit jedem Action-Film oder Drama mithalten. Das gilt auch für den Erreger Phytophthora infestans (Kartoffelfäule), der die Pflanzen von Tomaten, Kartoffeln, Paprika und Kakao angreift, indem er deren Haut aufschneidet. Dafür setzt er ein inneres Zellskelett aus fadenförmigen Proteinen ein, das in seiner röhrenförmigen Struktur besteht.

Innerhalb von nur zehn Sekunden erkennt es die Pflanze und spürt, wie stark sie Gegenwehr leistet. Anhand dieser Information gruppiert die Zelle ihre Proteine neu und formt eine Ninja-ähnliche Klinge mit einer scharfen Spitze, mit der sie das Blatt aufschneidet, so die Wissenschaftler von Wageningen University & Research (WUR). Dieser Mechanismus, Mechanostat genannt, sorge dafür, dass die Spitze der röhrenförmigen Waffe während des gesamten Infektionsprozesses scharf bleibe, wie ein sich selbst schärfendes Messer. Da die Waffe aus den gleichen Materialien wie die Pflanze besteht, würde sie ohne diesen Trick schnell stumpf werden und nicht mehr schneiden können. Indem der Mechanostat an der Spitze der Röhre immer stärkere Fäden aus Proteinen bildet, sorgt er dafür, dass die Klinge während des Schneidevorgangs scharf bleibt. Wie scharf sie sein muss, entscheidet der Mechanostat anhand des Drucks, den er prüft, heißt es weiter.

„Dies ist ein schönes Beispiel für die Eleganz, mit der die Natur mechanische Prozesse steuert. Natürlich verfügen diese Mikroorganismen nicht über ein Nervensystem, mit dem sie Berührungen wahrnehmen können. Der Tastsinn muss also in den Molekülen, die das Zellskelett bilden, programmiert sein“, so Prof. Joris Sprakel vom Labor für Biochemie und Leiter des multidisziplinären Teams. Das Wissen um diese Angriffstaktik ermögliche es nun, auf eine neue Form der Schädlingsbekämpfung hinzuarbeiten. Die Wissenschaftler glauben zu wissen, welches Protein die mechanische Kriegsführung dieser Krankheitserreger möglich macht. Sprakel: „Der interessanteste Aspekt dabei ist, dass dieses Protein in den Erregern, aber nicht in den Pflanzen vorkommt. Das macht es zu einem idealen Ziel für Bekämpfungsstrategien.“